Zwischen Basaren, Bergen und Geschichten
Usbekistan-Reisebericht unserer Kollegin Marion Heider, März 2025

Usbekistan war eines dieser Länder, das immer ein bisschen wie ein flüchtiger Traum am Rand meiner inneren Landkarte existierte – vertraut und fremd zugleich. Seidenstraße, Karawanen, Minarette. Eigentlich schon für den März 2020 geplant, aber wegen Corona vertagt, konnte ich die Usbekistanreise im März 2025 dann endlich nachholen. Alles schnell organisiert und mit den Partnern vor Ort besprochen – die Flüge mit Turkish Airlines via Istanbul, keine Visa mehr nötig! Was geht alles in 10 Tagen Reisedauer?
Und dann war ich plötzlich da. In Taschkent. Die Hauptstadt ist ein bunter Mix aus historischen Vierteln, Sowjetarchitektur und Moderne mit überraschend vielen Parks, Kindern die Drachen steigen lassen und einem herrlichen Basar – laut, lebendig, duftend und freundlich. Und natürlich Plov – immer und überall Plov, ein Gericht auf Reisbasis.
Usbeken sind humorvoll und offen. Ich erfahre viele Anekdoten, z.B. dass Usbeken ihr Land selbst Chevroletistan nennen, weil 80 Prozent der Autos im Land weiße Chevis sind – eine Folge der hohen Steuern auf importierte Autos.
Usbeken sind auch sehr freundlich und höflich – jeder Fremde, mit dem man auf der Straße in Augenkontakt kommt, wird überschwänglich gegrüßt und nach dem Befinden (und dem der Frau, der Eltern, der ganzen Familie) gefragt. „Salam Aleikum“ heißt es hier an jeder Ecke.
Usbeken sind außerdem sehr ehrlich. Man scheut sich nicht, Fremden zum Bezahlen neben der Kreditkarte auch die zugehörige PIN-Nummer zu geben, sollte man irgendwo etwas liegen lassen, so wird es einem geschwind nachgetragen.
Usbekistans Medresen, Moscheen, Mausoleen - lebendige Baukunst
In Usbekistan erzählt die Architektur Geschichten – in leuchtenden Farben, kunstvollen Mosaiken und stillen Innenhöfen. Die Bauwerke hier sind nicht nur alt. Sie sind lebendig. Jeder Stein, jede Kachel, jede Inschrift scheint etwas von dem weiterzugeben, was einmal war – und immer noch ist.
Lehm, Wind und Geschichte - unterwegs zu den Wüstenfestungen bei Chiwa

Ein kurzer Flug führte in den Westen des Landes. Nur etwa eine Stunde vom Flughafen Urgench beginnt eine andere Welt. Die Städte werden kleiner, die Straßen staubiger – und plötzlich tauchen sie auf: riesige Lehmfestungen, mitten in der kargen Weite der Wüste Kyzylkum. Schweigend stehen sie da, als würden sie seit Jahrhunderten einfach auf Besucher warten.
Ayaz Kala ist die bekannteste unter ihnen – oder besser gesagt handelt es sich um ein ganzes Ensemble aus mehreren Festungsanlagen, die sich über die Hügel verteilen. Die ältesten Mauern stammen aus dem 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Ich klettere hinauf, der Wind pfeift über das Plateau, Sand wirbelt um meine Schuhe. Von oben ist die Aussicht fast surreal: Leere, Weite, Himmel. Kaum vorstellbar, dass hier einmal Menschen lebten, Handel trieben, sich verteidigten. Und unten liegt ein Jurtencamp, von dem aus man im Abendlicht einen besonders schönen Blick auf die Festung hat.
Ein Stück weiter: Toprak Kala. Auch sie fast vollständig aus Lehm gebaut – bröckelnd, aber beeindruckend. In den Grundrissen der alten Paläste und Tempel kann man sich verlieren. Ich stelle mir das Leben von damals vor – heiß, rau, voller Geschichten.
Es ist still hier. Keine Busladungen, keine Eile. Nur Sonne, Wind und die Erinnerung an eine Zeit, die sich tief in den Wüstensand eingeschrieben hat. Wer sich auf den Weg macht, bekommt keine perfekt restaurierten Sehenswürdigkeiten – sondern etwas viel Wertvolleres: das Gefühl, für einen Moment in eine andere Zeit zu tauchen.

Dann Chiwa selbst. Wie ein Freilichtmuseum – aber mit Wäscheleinen zwischen den Gassen und Kindern, die Fußball spielen. Überall finden sich Straßenstände mit frisch gebackenem Fladenbrot, das fast zu heiß ist, um es gleich anzufassen. Ich trinke Tee mit einer Familie in ihrem Innenhof, der von Granatapfelbäumen beschattet wird. Ein junger Mann erzählt mir, dass er eigentlich Archäologe werden wollte, jetzt aber Touristen durch die Altstadt führt. Seine Augen leuchten trotzdem. Irgendwie scheint hier jeder besondere Erlebnisse zu haben – und bereit zu sein, sie zu teilen. Besonders beeindruckend fand ich auch die irren Seilläufer, die in einem Innenhof vor nur acht Zuschauern ihre virtuose Kunst aufführten.

Von Chiwa ging es weiter nach Buchara – mit dem Zug. Stundenlang durch flirrende Hitze und weite, trockene Landschaften. Die Wüste scheint endlos, die Gespräche im Abteil auch. Ein älterer Herr zeigt mir mit Händen und Lächeln Fotos seiner Enkel. Eine nette russische Familie bieten mir getrocknete Aprikosen an. Ich höre mehr ihr Lachen, als dass ich sie verstehe – aber das stört niemanden.
Buchara fühlt sich weicher an, ruhiger. In Buchara reihen sich Meisterwerke der islamischen Baukunst aneinander. Die Miri-Arab-Medrese, das Kalon-Minarett, die Moschee daneben – sie alle erzählen von Jahrhunderten des Wissens, des Glaubens, des Zusammenlebens. Ich sitze im Schatten am Rand des großen Teiches am Labi-Chavuz-Platz und beobachte das Treiben. Alte Männer diskutieren, Kinder rennen herum, Touristen bestaunen die umstehenden reich verzierten Gebäude oder lachen über Erzählungen über den hiesigen Baron Münchhausen. Kunststudenten bauen ihre Paletten auf dem Poi-Kalon-Platz auf. Es riecht nach Gewürzen, Metall, Rauch. Und nach Leben. Vor der Bolo-Chavuz-Moschee sammeln sich mehr und mehr Gläubige – es ist Freitag.
Mit meinem Guide Botir, der einen unendlichen Fundus an Geschichten erzählen kann, laufe ich durch enge Gassen, vorbei an Werkstätten, in denen Messing graviert oder Seide gefärbt wird. Überall wird man eingeladen bei der Arbeit zuzusehen – alle sind stolz auf ihr Handwerk. Die feine Kunst des Miniaturmalens geht nur mit der Lupe – die Details sind unfassbar. Immer wieder entdeckt man Neues!

Kamele, Jurten und Wandern in den Nuratau-Bergen
Von Buchara geht es nach Norden, irgendwann nichts als Sand, Steine und ein paar Kamele am Horizont. Und dann das Jurtencamp nahe dem riesigen Aydarkul-See, der eigentlich „aus Versehen“ entstanden ist.
Natur. Endlich. Die Nuratau-Berge sind grün, schroff und freundlich. Wir wandern von Dorf zu Dorf, vorbei an Walnussbäumen und steinigen Wegen. In einem Dorf bekommen wir Laghman serviert und schlafen in dick mit Teppichen ausgelegten Zimmern. Eine Frau zeigt uns, wie man Brot im Tandoor backt. Am nächsten Tag laufen wir weiter, begleitet von Ziegen, die uns neugierig beäugen. Hier ist das Leben langsamer – und genau das fühlt sich gut an.

Die Königliche - Samarkand
Zum Schluss: Samarkand ... eindrucksvoll und irgendwie groß. Die Farben des Registan sind so intensiv, dass man fast die Augen zukneifen möchte. Für einen Moment weiß ich nicht, wohin mit dem Blick. Drei gewaltige Medresen umrahmen den Platz – ihre Fassaden leuchten in tiefem Blau, Türkis, Gold. Und obwohl das Ensemble auf zahllosen Fotos zu sehen ist, wirkt es in echt anders: kraftvoll, groß, aber nicht abweisend.
Und dann sind da die Mausoleen: Ruhestätten, die nicht Tod, sondern Würde und Poesie ausstrahlen. Das Gur-Emir-Mausoleum in Samarkand etwa – letzte Ruhestätte von Timur – wirkt im Inneren fast zerbrechlich mit seiner vergoldeten Kuppel und dem feinen Licht, das durch kleine Fenster fällt.
Diese Bauwerke beeindrucken nicht, weil sie groß oder perfekt sind – sondern weil sie berühren. Sie sind Zeugnisse einer Kultur, die Wissen, Schönheit und Spiritualität miteinander verwoben hat. Und sie zeigen: Geschichte muss nicht museal sein. Sie kann atmen, leuchten – und begleiten.
Was bleibt?
Ein Gefühl von Nähe. Zu einem Land, das sich so offen zeigte war, dass man manchmal vergaß, wie weit man von zu Hause entfernt war. Zu Menschen, die Geschichten nicht nur erzählen, sondern leben. Ein wirklich ungewöhnliches, besonderes Land!
Zwischen Bergen und Märkten - unterwegs in Tadschikistan
Aber damit war die Reise noch nicht zu Ende. Zuerst ging es noch ins Nachbarland Tadschikistan. Tadschikistan war für mich eine weitere echte Entdeckung. Ein Land, das sich nicht aufdrängt, aber viel zu erzählen hat – mit rauer Landschaft und überraschender Gastfreundschaft.

Nach etwas Wartezeit an der Grenze – bei der man aber wunderbar mit den Umstehenden ins Gespräch kommen kann – geht es nach Pandschikent, noch eine Stadt an der alten Seidenstraße mit viel Geschichte und noch mehr Geschichten.
Plötzlich gibt es wieder verschiedene Automarken (in unterschiedlichen Farben), alles ist ländlich, aber irgendwie doch viel moderner und vor allem sauberer, als ich es erwartet hatte.
Wir fahren direkt ins Fann-Gebirge, in verschiedene Täler hinein. Schon nach kurzer Zeit ändert sich alles – die Straßen werden enger und holpriger, die Luft klarer, die Landschaft wilder. Die Seen in den Bergen sind wie Farbtupfer in der kargen Landschaft. Türkis, kalt, ruhig. Ein paar Kühe trotten vorbei, sonst ist niemand da. Am Iskanderkul stehen wir am Ufer, während sich die schneebedeckten Gipfel im Wasser spiegeln.

Ganz anders dann Duschanbe, eine Hauptstadt, die sehr modern wirkt – mit breiten Straßen, Parks, Platanen und Cafés, in denen sich junge Leute treffen und über den Dächern der Stadt die Berge schon sichtbar sind. Vieles wirkt sowjetisch geprägt, anderes überraschend modern.
Tadschikistan ist kein Land für Eile. Ich war viel zu kurz hier. Man braucht Zeit – für die Wege, die Gespräche, die Stimmungen. Aber wer sich darauf einlässt, wird reich beschenkt – nicht mit Sehenswürdigkeiten, sondern mit echtem Erleben.
Usbekistan selbst entdecken
Bei Fragen helfen wir Ihnen gerne weiter – melden Sie sich einfach direkt bei unseren Reise-Experten, telefonisch oder per E-Mail.
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